Persönliche Erfahrungen in Entwicklungsländern

Im Dezember 2006 fand der Weltdiabetes-Kongress in Kapstadt statt. Die Deutsche Diabetes-Union e.V. präsentierte das NAFDM und „Insulin zum Leben“ an einem Stand. Der Kongress erwies sich als idealer Treffpunkt für Helfende und Hilfe Empfangende zum Erfahrungsaustausch, Danke sagen und Optimierung der praktischen Aspekte des Hilfsprogramms. Auf dem Weg nach Kapstadt folgte ich einer Einladung nach Ruanda, dem Land, in das ein Großteil der deutschen Hilfssendungen geht. Während des Besuchs wurde ein Dokumentarfilm „Field Trip to Rwanda“ gedreht, der die Versorgungssituation der Diabetespatienten in Ruanda widerspiegelt. Auf 50 000 Patienten kommt nur ein Arzt. Die Anfahrtswege sind oft sehr lang. Eine Ampulle Insulin kostet 3 Euro bei einem Familien-Monatseinkommen von 5 bis 9 Euro. Wer Insulin nicht kaufen kann, hofft auf „Insulin zum Leben“. Im Januar 2008 ergab sich die Gelegenheit, in Bolivien – das seit vielen Jahren von unserem Netzwerk profitiert – gleich 3 Adressen miteinander zu verbinden.

1. Ich nutzte die Gelegenheit, an einem Camp für junge Typ-1 Diabetiker teilzunehmen, das Dra. Patricia Blanco organisierte, selbst Typ-1 Diabetikerin. Inhalte waren einerseits Erfahrungsaustausch, Schulung und Therapieanpassung, andererseits Analyse der absolut unzureichenden Versorgung der Diabetiker in den 9 Provinzen Boliviens. Spontan entstand die Idee der Gründung eines Nationalrates mit dem Ziel, die Provinzen zu vernetzen und aktiv an der Verbesserung der Versorgungssituation zu arbeiten, „von unten nach obern“, von den Betroffenen hinauf in die politische Ebene. Die begonnene Arbeit ist auf gutem Weg.

2. Ich besuchte in Cochabamba, einer Stadt mit 900.000 Einwohnern, ein mustergültiges Diabeteszentrum, das Dra. Elizabeth Duarte, eine überaus engagierte Diabetologin, mit ihrer qualifizierten Diabetesberaterin Miriam in den letzten 10 Jahren aufgebaut hat. Größtes Problem: kein Insulin. Sämtliches Insulin, das sie zur Behandlung ihres großen Patientenstammes einsetzt, kommt vom Netzwerk „Insulin zum Leben“/“Insulin for Life“. Unvorstellbar. Da unser Insulinvolumen aber begrenzt ist, ist auch die Anzahl der Patienten, die in das Programm aufgenommen werden können, begrenzt. Eine traurige Angelegenheit für die, die nicht zum Zuge kommen.

3. Ich wohnte bei der deutschen Ärztin Dr. Dorothea Kochs an, die seit mehr als 10 Jahren ehrenamtlich in Cochabamba am Fuße der Andenberge für mittellose Patienten arbeitet. Sie war auf der Suche nach einer Insulinquelle und fragte bei Dra. Elizabeth Duarte nach. Die gab ihr meine Adresse. Seitdem kann ich Dorotheas 35 Patienten mit deutschem Insulin am Leben erhalten und vieles über die Lebensumstände dort erfahren – ohne sprachliche Barrieren.

4. Im April 2011 finanzierte „Insulin zum Leben“ ein erstmals ein Camp für diese 50 Typ-2 Diabetiker. Grund waren die nur einmal im Jahr gemessenen, überwiegend hohen HbA1c-Werte. In drei Tagen und 2 Nächten wurde viermal pro Tag und einmal nachts der Blutzucker gemessen, geschult und eingestellt durch drei Ärzte. Danach gingen die Patienten nach Hause und wendeten an, was sie gelernt hatten. Dann kamen sie wieder in den Gesundheitsposten zur Kontrolle und Nachbesserung. Der Lernerfolg und ihre Dankbarkeit waren der schönste Lohn.

5. Im Juni 2012 unterstützte „Insulin zum Leben“ finanziell 2 verschiedene Camps in Bolivien für Kinder und Jugendliche mit Typ-1 Diabetes. Auch in den darauf folgenden Jahren ermöglichte „Insulin zum Leben“ die Camps, die Leben positiv verändern und Mut machen, sich auch mit/trotz Diabetes für seine Lebensziele einzusetzen: Schule, Beruf, Familie …

6. Im Januar 2013 fand in Ruanda das erste Diabetesschulungscamp statt, initiiert von mir, organisiert von der Association Rwandaise des Diabetiques und finanziell unterstützt von „Insulin zum Leben“. Jutta Bürger-Büsing, Präsidentin des BdKJ, und ich waren dabei und hocherfreut über das, was wir dort erleben durften an Schulungsfreude und –qualität. Meine Überzeugung, dass eine Schulung die beste Investition in das Leben eines Diabetikers ist, hat sich dort bestätigt. Im Sommer 2014, 2015 und 2016 folgten weitere Camps mit je 100 Teilnehmern. Die Nachfrage und Freude darauf ist riesig.

7. Im März 2017 bin ich von einem einwöchigen Aufenthalt zurückgekommen. Ich habe dem Ruandischen Diabetesteam über die Schulter geschaut, wie sie Patienten mit den von mir geschickten Insulinen, Pens und Zubehör behandeln. Ich konnte sie auf den neuesten Stand bringen. Auch unsere Ernährungsempfehlungen stießen auf großes Interesse. Ich durfte 2 Krankenhäuser und 5 Patienten bei sich zu Hause besuchen. Unsere Hilfe erreicht wirklich die Ärmsten.